OECD Diskussionspapier lässt Verschärfung von Betriebsstättenregelungen erwarten
Wie in unserer Steuernachricht vom 18. September 2014 berichtet, hat die OECD am 16. September 2014 die ersten Arbeitspapiere zu 7 des insgesamt 15 Punkte umfassenden Aktionsplans des BEPS Projekts veröffentlicht. Am 31. Oktober 2014 hat die OECD mit dem Diskussionspapier zu BEPS-Aktionspunkt 7 „Prevent the artificial avoidance of PE status“ nun ein weiteres Arbeitspapier mit Überarbeitungsvorschlägen zum Betriebsstättenbegriff in Art 5 OECD-MA veröffentlicht.
Ziel des am 31. Oktober 2014 veröffentlichten Berichts ist, zukünftig die künstliche Umgehung der Begründung einer Betriebsstätte zu vermeiden. Vor diesem Hintergrund hat die OECD eine Reihe von (missbräuchlichen) Steuerplanungsstrategien identifiziert und zu den folgenden fünf Bereichen Änderungsvorschläge erarbeitet:
Kommissionärsstrukturen und ähnliche Gestaltungen
Laut OECD werden derartige Strukturen von Unternehmen vermehrt dazu benutzt, um eine Besteuerung von Gewinnen, die aus Verkaufstransaktionen erzielt werden, in jenem Staat zu vermeiden, in dem die Verkäufe tatsächlich getätigt werden. Der Kommissionär, der den Verkauf abwickelt, wird typischerweise lediglich auf Basis seiner Provision im betreffenden Staat besteuert. Das Unternehmen hinter dem Kommissionär (der Auftraggeber) wird mit den Gewinnen aus dem Verkauf (zumindest nach OECD-Verständnis) mangels Betriebsstätte nicht in diesem Staat besteuert. Dem soll durch eine Anpassung der Definition der Vertreterbetriebsstätte in Art 5 (5) sowie des unabhängigen Vertreters in Art 5 (6) OECD-MA entgegengewirkt werden.
Ausnahmenkatalog des Art 5 (4) OECD-MA
Art 5 (4) OECD-MA enthält in seiner derzeitigen Fassung eine Auflistung von Tätigkeiten, durch die keine Betriebsstätte begründet wird (z.B. vorbereitende oder Hilfstätigkeiten). Laut OECD ist dieser Ausnahmenkatalog jedoch anfällig für missbräuchliche Gestaltungen, durch die selbst Haupttätigkeiten eines Unternehmens vom Ausnahmenkatalog erfasst werden und folglich keine Betriebsstätte begründet wird (z.B. Unterteilung von Hauptleistungen in einzelne Hilfstätigkeiten). Es werden in diesem Zusammenhang vier Alternativen für die Überarbeitung des Art 5 (4) OECD-MA präsentiert.
Splitting von Bauausführungs-/Montageaufträgen
Die Regelung für Bau- oder Montagebetriebsstätten in Art 5 (3) OECD-MA stellt für Zwecke der Begründung einer Betriebsstätte auf die zeitliche Präsenz (Bauausführungen/Montage von mehr als 12 Monaten) im Tätigkeitsstaat ab. Laut OECD wird die Begründung einer derartigen Betriebsstätte häufig dadurch umgangen, dass die zugrunde liegenden Verträge auf mehrere verbundene Unternehmen aufgeteilt werden, sodass die einzelnen Unternehmen die Frist zur Begründung einer Betriebsstätte nicht erfüllen. Dem soll durch eine Änderung des Art 5 (3) OECD-MA bzw. durch Anti-Missbrauchsvorschriften entgegengewirkt werden.
Versicherungsunternehmen
Überraschend, weil nicht in den spezifischen Betriebsstätten-Themen des ursprünglichen BEPS Aktionsplans genannt, wurden mit den Versicherungsunternehmen Betriebsstättenthemen einer spezifischen Branche aufgegriffen. Hier wird von der OECD angedacht, Art 5 OECD-MA dahingehend zu ergänzen, dass Versicherungsunternehmen (sofern sie nicht durch eine Person, die kein unabhängiger Vertreter ist, agieren) eine Betriebsstätte in jenem Staat begründen, in dem Prämien bezogen bzw. darin gelegene Risiken versichert werden.
Zurechnung von Unternehmensgewinnen
Die OECD betont in diesem Zusammenhang, dass die Arbeiten zur Änderung des Betriebsstättenbegriffs sowie der Zurechnung von Unternehmensgewinnen eng mit den anderen BEPS-Aktionen zusammenhängen. Auf konkrete Änderungen der bestehenden Zurechnungsregeln für die „neuen“ Betriebsstätten wird jedoch nicht eingegangen.
Ausblick
Ob die vorgeschlagenen Änderungen tatsächlich in diesem Ausmaß umgesetzt werden bzw. wie die Änderungen im Detail aussehen werden, ist derzeit noch ungewiss. Dies vor allem auch vor dem Hintergrund, dass Betriebsstättenfragen hochgradig steuerpolitisch getrieben sind. Noch dazu ist zu bedenken, dass mit den vorgebrachten Vorschlägen unweigerlich (Abgrenzungs-)Schwierigkeiten einhergehen werden. Man wird jedoch heute schon davon ausgehen können, dass der Betriebsstättenbegriff des OECD-MA eine Erweiterung erfahren wird, die weitreichende Konsequenzen für die internationale Steuerplanung haben wird.
Autorin: Veronika Daurer