VfGH: Die neuen Abzugsverbote für Gehälter über 500.000 € und sonstige Bezüge sind verfassungskonform
Der VfGH bejaht in seinem heute veröffentlichten Erkenntnis die Verfassungskonformität der neuen Gehaltsschranke („Managergehälter“), des Abzugsverbots für sonstige Bezüge, die nicht der 6%igen Besteuerung unterliegen, als auch der dazugehörigen Übergangs- und Inkrafttretensvorschriften.
Mit dem AbgÄG 2014 wurden das Abzugsverbot für Gehälter über 500.000 € und das Abzugsverbot für sonstige Bezüge, die nicht der 6%igen Besteuerung unterliegen, eingeführt. Bereits mit Veröffentlichung des neuen Gesetzesvorhabens, spätestens aber mit dem Inkrafttreten der beiden Betriebsausgabenbeschränkungen für Aufwendungen nach dem 1. März 2014 war fraglich, ob diese Beschränkungen des Betriebsausgabenabzugs den verfassungsrechtlichen Schranken genügen (dazu auch unsere Newsletter vom 18. September 2014, 8. Mai 2014 und 8. April 2014).
Bis zum Herbst 2014 wurden zu den beiden neuen Abzugsverboten drei Normprüfungsverfahren des Bundesfinanzgerichts (BFG) an den VfGH herangetragen. Neben der verfassungsrechtlichen Bedenken im Hinblick auf die Einschränkung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Betriebsausgaben kam auch der Anpassung der Vorauszahlungsbescheide 2014 besondere Aufmerksamkeit zu. Allen voran der Vertrauensgrundsatz und die gleichheitsrechtlichen Bedenken durch eine Verletzung des objektiven Nettoprinzips wurden gegen die beiden Bestimmungen vorgebracht.
Der VfGH hat sich im Zuge der mündlichen Verhandlung am 27. November 2014 und seinem 138 Seiten umfassenden Erkenntnis detailliert mit der verfassungsrechtlichen Abwägung aller Argumente auseinandergesetzt. In seiner am 14. Jänner 2015 veröffentlichten Entscheidung hat er letztlich die Verfassungskonformität beider Abzugsverbote in § 20 Abs 1 Z 7 und 8 EStG (samt den damit im Zusammenhang stehenden Bestimmungen) bejaht. In der Sache hat der VfGH dazu folgende Überlegungen, die ihn nicht zur Aufhebung der Abzugsverbote bewogen:
Gehaltsschranke: Kein Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip
Der Steuergesetzgeber hat neben fiskalischer Zielsetzungen im Steuerrecht auch die Möglichkeit, andere Zwecke – insbesondere Lenkungseffekte – zu verfolgen. Der VfGH anerkennt in beiden angefochtenen Bestimmungen einen solchen Lenkungseffekt. Einkommensdisparitäten zu verringern und die Gerechtigkeits- und Solidaritätsaspekte des Steuerrechts zu stärken, stellen Lenkungsmaßnahmen dar, die im öffentlichen Interesse liegen und somit einen Eingriff in das objektive Nettoprinzip (dem Grunde und der Höhe nach) rechtfertigen.
Unter Bezug auf weitere VfGH-Erkenntnisse (zur Abzugsfähigkeit von Aufsichtsratsvergütungen und zur Angemessenheit der Betriebsausgaben beim PKW) zeigt der VfGH auf, dass das objektive Nettoprinzip kein absolutes ist. Zwar scheint sich die Gehaltsschranke im System der bereits bestehenden Abzugsverbote nicht sauber einzufügen, im Rahmen der verfassungsrechtlichen Prüfung geht es aber gerade nicht um die Frage der Systemkohärenz oder Systemgerechtigkeit, sondern ausschließlich darum, ob die Einschränkung des objektiven Nettoprinzips sachlich gerechtfertigt ist.
Der vorgebrachte Vergleich von Personal- und Sachaufwand in Form von „ausgegliedertem Personalaufwand“ (zB Leistungen, die von selbständigen Unternehmen als Dienstleistung bezogen werden) beurteilt der VfGH als einen Vergleich von sachlich Ungleichem. Das Unternehmen hat – vor dem Hintergrund des angestrebten Lenkungseffekts der Gehaltsschranke – nämlich nur in Bezug auf den Personalaufwand die Möglichkeit der direkten Einwirkung.
Sonstige Bezüge: Unterscheidung zwischen Abfertigungen von Vorständen und Geschäftsführern
Auch in diesem Punkt schließt sich der VfGH den Aussagen der Bundesregierung an. Das Abzugsverbot für sonstige Bezüge, die nicht der 6%igen Besteuerung unterliegen, knüpft per se nicht an die Rechtsform des Unternehmens an und führt daher zu keiner Differenzierung. Wenn man eine Differenzierung in der Besteuerung von Abfertigungen eines Geschäftsführers und eines Vorstands ausmachen könnte, liegen diese gerade im individualrechtlichen Gestaltungsspielraum des Unternehmens selbst. Das neue Abzugsverbot beschränkt damit nur jene Betriebsausgaben, die im Einflussbereich des Unternehmens liegen. Etwaige verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich des allgemeinen Sachlichkeitsgebots auch im Hinblick auf das objektive Nettoprinzip waren – mangels dargebrachter Bedenken des BFG – vom VfGH nicht zu beantworten.
Vertrauensgrundsatz
Die Einführung der neuen Abzugsverbote erfolgte zwar nach Auffassung des VfGH plötzlich und ohne Übergangsregelung, der Gesetzgeber greift aber mit den neuen Abzugsverboten nicht rückwirkend in bestehende Rechtspositionen des Unternehmens ein (sondern ausschließlich pro futuro). Einen Anlockeffekt des Gesetzgebers kann der VfGH nicht erkennen. Daher war auch hinsichtlich der Übergangsvorschriften keine Verfassungswidrigkeit zu erkennen.
Dies gilt auch für die gesondert vorgebrachten Argumente gegen die Erhöhung der Vorauszahlungsbescheide 2014 (§ 124b Z 253 lit b EStG). Alle Bedenken des BFG hinsichtlich der pauschalen Vorgehensweise konnte die Bundesregierung erfolgreich durch das Argument der Verwaltungsvereinfachung entkräften.
Etwaigen Unschärfen, die sich aus der besonderen Übergangsvorschrift für die Vorauszahlungsbescheide 2014 ergeben, steht nur ein (vernachlässigbarer) Zins- und Liquiditätsnachteil des Steuerpflichtigen gegenüber, da ab der Vorauszahlung 2015 ohnedies das neue Abzugsverbot zur Anwendung gelangt. Für Zwecke der Steuervorauszahlungen wurde daher dem VfGH zufolge zu Recht eine einfache und leicht handhabbare Regelung getroffen. Dasselbe gilt nach Auffassung des VfGH auch für bereits getätigte Abfertigungsrückstellungen.
Auswirkungen für den Steuerpflichtigen
Die Vorauszahlungsbescheide 2014, die im Zuge des AbgÄG 2014 von den zuständigen Finanzämtern neu erlassen wurden, sind zu Recht ergangen. Aufwendungen, die ab 1. März 2014 anfallen, sind im Hinblick auf ihre Abzugsfähigkeit im Zuge der Steuerberechnungen und für Zwecke der Steuererklärung zu analysieren.