EuGH kippt Zusammenschlussbefreiung für Finanzdienstleister
In seinen Urteilen vom 21. September 2017 (C-326/15, DNB Banka, und C-605/15, Aviva) kommt der EuGH zum Ergebnis, dass die in Art. 132 Abs. 1 lit f der Richtlinie 2006/112/EG vorgesehene Steuerbefreiung nicht auf Zusammenschlüsse im Finanzdienstleistungsbereich anwendbar ist. Für Österreich ergeben sich aus diesen Urteilen erhebliche Konsequenzen.
Hintergrund
Derzeit sind nach österreichischer Rechtslage gemäß § 6 Abs. 1 Z 28 UStG Leistungen von Zusammenschlüssen begünstigter Unternehmer an ihre Mitglieder zum unmittelbaren Zweck der Ausübung steuerbefreiter Tätigkeiten umsatzsteuerfrei („Zusammenschlussbefreiung“). Nach der Verwaltungspraxis (Rz 1014 UStR) gilt dies auch dann, wenn die Leistungen für Zwecke der Erbringung steuerpflichtiger Leistungen bezogen werden. Daneben sind Leistungen, die zwischen begünstigten Unternehmen erbracht werden, umsatzsteuerbefreit („Zwischenbankbefreiung“). Begünstigte Unternehmer sind nach Z 28 Banken/Versicherungen/Pensionskassen mit Sitz in Österreich, die überwiegend steuerfreie Umsätze erbringen.
Entscheidung
Der EuGH hat nunmehr, nach der bereits im Mai 2017 ergangenen Entscheidung in der Rechtssache C-274/15, Kommission/Luxemburg (aus dieser Entscheidung ergibt sich die Unionsrechtswidrigkeit der in Rz 1014 UStR vorgesehenen Verwaltungspraxis), in den Rechtssachen C-326/15, DNB Banka sowie C-605/15, Aviva entschieden, dass die Zusammenschlussbefreiung nicht auf Unternehmen im Finanzdienstleistungsbereich anwendbar ist.
Die in § 6 Abs. 1 Z 28 UStG umgesetzte Regelung dürfte damit zur Gänze unionsrechtswidrig sein (die Zwischenbankbefreiung dürfte bereits bisher unionsrechtswidrig gewesen sein).
Praktische Auswirkungen
Aufgrund der in Österreich klaren Rechtslage werden sich betroffene Unternehmen wohl solange auf die insoweit günstigere Bestimmung des § 6 Abs. 1 Z 28 UStG berufen können, bis der Gesetzgeber eine entsprechende Gesetzesänderung beschließt. Eine rückwirkende Anwendung der EuGH-Urteile kommt unseres Erachtens wohl nicht in Betracht. Allerdings muss mittelfristig mit der Abschaffung der Umsatzsteuerbefreiung der Z 28 gerechnet werden, sofern nicht die EU MwSt-Systemrichtlinie entsprechend angepasst wurde. Aus diesem Grund dürfte das Konzept der umsatzsteuerlichen Organschaft für betroffene Unternehmen wohl wieder mehr an Bedeutung gewinnen.
Autorin: Christina Schlögl