OECD veröffentlicht Blueprint zur globalen Mindestbesteuerung (Pillar Two)
Am 12. Oktober 2020 wurden von den 137 Mitgliedern des Inclusive Frameworks der OECD/G20 zwei umfassende Reports zu Pillar One und Pillar Two veröffentlicht. Diese sollen als Fundament für ein Übereinkommen der beteiligten Staaten dienen, das bereits für Mitte 2021 geplant ist. Während Pillar One neue Gewinnzuteilungsregelungen zum Inhalt hat, soll Pillar Two eine Mindestbesteuerung großer, international tätiger Unternehmensgruppen sicherstellen und dadurch verbliebene BEPS-Schlupflöcher schließen. Aus der Umsetzung der Maßnahmen soll – so ein Impact Assessment der OECD – ein Steuermehraufkommen von USD 42 bis 70 Mrd pro Jahr generiert werden.
Mechanismen des Pillar Two
Die in Pillar Two vorgeschlagene Mindestbesteuerung soll durch mehrere Mechanismen erreicht werden:
GloBE-Regelungen (income inclusion rule, undertaxed payments rule und switch-over rule): Die GloBE-Regelungen zielen darauf ab, niedrigbesteuerte Tochtergesellschaften oder Betriebsstätten zumindest mit einem vorgegebenen Mindeststeuersatz zu besteuern. Zentraler Mechanismus ist die income inclusion rule (IIR), die – ähnlich einer CFC-Regelung – zur Besteuerung der Einkünfte auf Ebene der Top-Muttergesellschaft führt, sofern der effektive Steuersatz der Tochter unter dem Mindeststeuersatz liegt. Eine switch-over rule (SOR) für befreite Betriebsstätteneinkünfte ergänzt die IIR auf Abkommensebene. Greift die IIR für eine niedrigbesteuerte Konzerngesellschaft mangels Umsetzung auf übergeordneter Konzernebene nicht, soll subsidiär die undertaxed payments rule (UTPR) zur Anwendung gelangen: nämlich durch Instrumente wie ein Abzugsverbot für oder eine (Quellen-)Steuer auf konzerninterne Zahlungen an diese niedrigbesteuerte Gesellschaft.
Subject to tax rule: Mit der subject to tax rule (STTR) ist eine weitere abkommensrechtliche Regelung vorgesehen, die es dem Quellenstaat gestattet eine konzerninterne Zahlung bis zum Mindeststeuersatz zu besteuern, wenn der andere Vertragsstaat sein primäres Besteuerungsrecht nicht oder nicht ausreichend wahrnimmt.
Eckpunkte des Pillar Two
Income inclusion rule und undertaxed payments rule
- Unter den Anwendungsbereich fallen international tätige Unternehmensgruppen mit einem konsolidierten Jahresumsatz von mindestens EUR 750 Mio (entspricht der Schwelle für das CbC-Reporting).
- Ausgenommen sind bestimmte Fonds, staatliche Unternehmen, internationale und gemeinnützige Organisationen.
- Ausgangspunkt für die Ermittlung des effektiven Steuersatzes (ETR) ist der konsolidierte Abschluss der Top-Muttergesellschaft nach IFRS oder anderen vergleichbaren Rechnungslegungsstandards.
- Die ETR wird länderweise berechnet (jurisdictional blending). Für jede Gesellschaft oder Betriebsstätte muss daher auf Grundlage des konsolidierten Abschlusses der Gewinn/Verlust vor Steuern ermittelt und nach gewissen Vorgaben angepasst werden (GloBE-Bemessungsgrundlage). Es soll auch Möglichkeiten zur Berücksichtigung temporärer Differenzen (Verlustvorträge, Steuergutschriften) sowie Carve-outs für bestimmte Aktivitäten mit wirtschaftlicher Substanz geben.
- Die ETR errechnet sich aus dem Verhältnis der im jeweiligen Land gezahlten Steuern (Gewinnsteuern) zur GloBE-Bemessungsgrundlage dieses Landes.
- Liegt die ETR eines Landes unter dem vorgegebenen Mindeststeuersatz, muss durch Anwendung der IIR oder, subsidiär, der UTPR, eine zusätzliche Steuer bis zum Mindeststeuersatz erhoben werden (top-up tax). Informationen über die Höhe des Mindeststeuersatzes finden sich im Blueprint nicht. In Beispielen wird illustrativ ein Satz von 10% bis 12,5% herangezogen.
- Vereinfachungsmaßnahmen, wie zB eine safe-harbour Regelung oder eine für mehrere Jahre gültige ETR-Berechnung, werden im Blueprint vorgestellt und sollen in der weiteren Konsultation erörtert werden.
- Die IIR und die UTPR sollen durch Änderungen im nationalen Recht der beteiligten Staaten umgesetzt werden.
Subject to tax rule
- Die STTR kommt als gesonderte Maßnahme auf Abkommensebene zur Anwendung. Werden dadurch vom Quellenstaat zusätzliche Steuern erhoben, sind diese bei der Berechnung der ETR im Rahmen der GloBE-Regelungen zu berücksichtigen.
- Die STTR soll eine Mindestbesteuerung bestimmter konzerninterner Zahlungen (zB Zins- oder Lizenzzahlungen) ermöglichen, die mit einem hohen BEPS-Risiko verbunden sind.
- Anders als die GloBE-Regelungen, stellt die STTR auf den nominellen Steuersatz (gegebenenfalls mit Anpassungen) im Empfängerstaat der Zahlungen ab.
- Auch der Mindeststeuersatz könnte sich von jenem der GloBE-Regelungen unterscheiden.
- Die Umsetzung der STTR erfordert eine Änderung bilateraler DBA. Alternativ könnten die Änderungen auch im Wege eines multilateralen Abkommens implementiert werden.
Fazit
Zu den Maßnahmen des Pillar Two wurde bisher noch keine politische Einigung der beteiligten Staaten erzielt. Auch zahlreiche (Detail-)Regelungen sind noch offen. Die OECD selbst sieht die vorgeschlagenen Maßnahmen als alternativlos, um unkoordinierten, einzelstaatlichen Lösungen gegenzusteuern. Der Vorschlag zu Pillar Two ist in dieser Hinsicht richtungsweisend und von einem Willen zur Umsetzung getragen. Durch die Maßnahmen sollen noch bestehende BEPS-Gestaltungen de facto unterbunden werden.
Anders als Pillar One, kommen die Bestimmungen potentiell für sämtliche große, international tätige Unternehmen zur Anwendung. Es ist zu erwarten, dass diese künftig durch die äußerst komplexen und detailreichen Regelungen vor hohe Anforderungen gestellt werden. Vor diesem Hintergrund ist zu hoffen, dass die OECD oder in weiterer Folge der nationale Umsetzungsgesetzgeber von möglichst vielen Vereinfachungen und Ausnahmen Gebrauch machen wird.
Aus österreichischer Perspektive würden die GloBE-Regelungen primär international tätige Konzerne mit Headquarter in Österreich und Jahresumsätzen von über EUR 750 Mio treffen. Abhängig von der erforderlichen Mitwirkung untergeordneter Konzerngesellschaften bei der Datenerhebung für ausländische Pillar Two-Regelungen könnten aber auch andere Gesellschaften mit einem hohen organisatorischen Aufwand konfrontiert sein.