VwGH: Kein verpflichtender abkommensrechtlicher Anrechnungsvortrag

Der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom 27. November 2014 eine Verpflichtung zur Gewährung eines Anrechnungsvortrags ausländischer Quellensteuern verneint. Eine solche Verpflichtung ergebe sich weder aus innerstaatlichen oder abkommensrechtlichen Normen, noch sei dies unionsrechtlich geboten. Es läge in der Hand des österreichischen Gesetzgebers, eine diesbezügliche Norm zu erlassen.

Ausgangssituation

Die beschwerdeführende Kapitalgesellschaft hält ausländische Beteiligungen aus 13 verschiedenen Staaten (ua China, Deutschland, Italien, Südafrika). Mit diesen Staaten bestehen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA). Die österreichische Kapitalgesellschaft erzielte Einkünfte aus Zinsen, Lizenzen und Dividenden von diesen Beteiligungen. Diese Einkünfte wurden sowohl in Österreich als auch im jeweiligen Quellenstaat besteuert. Nachdem das Einkommen der österreichischen Kapitalgesellschaft in Österreich in 2004 negativ war, konnte keine Anrechnung der ausländischen Quellensteuer erfolgen, da aufgrund des Verlusts in Österreich keine Körperschaftsteuer zu zahlen war. Der Verlustvortrag der Gesellschaft wird trotzdem durch die ausländischen Einkünfte reduziert. Die Kapitalgesellschaft beantragte daher beim Finanzamt die Anrechnung der Quellensteuer aus den Verlustjahren auf die Körperschaftsteuer für 2005.

Eine Anrechnung wurde behördenseitig nicht vorgenommen. Daraufhin hat die Kapitalgesellschaft Berufung beim UFS erhoben, welcher die Berufung als unbegründet abwies (RV/0686-L/10). Die beschwerdeführende Kapitalgesellschaft vertrat die Ansicht, dass sich ein periodenübergreifender Anrechnungsvortrag aus den jeweiligen DBA ergebe und auch aus verfassungs- und unionsrechtlichen Gründen geboten sei. Die Behandlung der Beschwerde wurde vom VfGH mangels Verfassungswidrigkeit abgelehnt, weshalb die Kapitalgesellschaft einen Antrag auf Abtretung an den VwGH stellte.

Das Erkenntnis des VwGH

  • Die Anrechnung der ausländischen Quellensteuer hat in dem Wirtschaftsjahr zu erfolgen, in dem die Einkünfte steuerlich im Inland erfasst wurden. Dies ergebe sich einerseits aus dem Periodenprinzip und andererseits aus dem Wortlaut des Art 23 OECD-MA. Der VwGH verweist hier auf seine Rechtsprechung zur Anrechnung belgischer Quellensteuern (2001/13/0017 und 2001/13/0264).
  • Ein Anrechnungsvortrag muss nur dann gestattet werden, wenn dieser innerstaatlich gesetzlich ausdrücklich vorgesehen ist.
  • Aus Art 23 OECD-MA lässt sich keine allgemeine abkommensrechtliche Pflicht, einen Anrechnungsvortrag zu gewähren, ableiten.
  • Bezüglich der unionsrechtlichen Beurteilung des Anrechnungsvortrags verweist der VwGH auf die Rechtsprechung des EuGH, der in den Rechtssachen Haribo und Österreichische Salinen (C-436/08 und C-437/08) bereits eine unionsrechtliche Verpflichtung zum Anrechnungsvortrag verneint hat.

Der VwGH kommt in seinem Erkenntnis zu dem Ergebnis, dass es keine allgemeine abkommensrechtliche Verpflichtung zur Gewährung eines Anrechnungsvortrags gibt. Der Gesetzgeber hat allerdings die Befugnis, eine solche innerstaatliche Norm vorzusehen. Die Beschwerde der österreichischen Kapitalgesellschaft wurde somit vom VwGH als unbegründet abgewiesen.

Empfehlung

Sofern möglich, sollten mit Quellensteuern belastete Auslandseinkünfte von profitablen Inlandsgesellschaften lukriert werden, um eine Anrechnung auf die österreichische Körperschaftsteuer sicher zu stellen.

 

Autorin: Nadine Berthold