Hard Brexit: Ertragsteuerliche Auswirkungen
Seit mehr als zwei Jahren verhandeln das Vereinigte Königreich (UK) und die EU die Bedingungen für einen EU-Austritt. Das Resultat dieser Verhandlungen wurde am 15. Jänner 2019 vom britischen Parlament abgelehnt. Dadurch erhöhte sich spürbar die Wahrscheinlichkeit eines möglichen Hard Brexit. Seitens der Finanzbehörde wurden daher die erstragsteuerlichen Änderungen gegenüber UK im Falle eines ungeregelten Brexit bekannt gegeben (lesen Sie dazu auch unsere bisherigen Newsletter zu diesem Thema).
Dividenden- Zins- und Lizenzregelungen
Nach einem ungeregelten Brexit sind weder die Mutter-Tochter-RL noch die Zins- und Lizenzgebühren-RL anwendbar. Dies führt zu folgenden Besteuerungsfolgen:
Dividenden
- Outbound: Für Dividendenzahlungen aus Österreich besteht künftig auch bei wesentlichen Beteiligungen KESt-Pflicht, nämlich bei Beteiligungen ab 25% iHv 5% bzw 15% für alle anderen Beteiligungen (lt derzeitiger DBA). Es besteht keine Anrechnungsmöglichkeit der österreichischen KESt in UK.
- Inbound: Bei Dividenden aus UK erhebt UK keine Quellensteuer. In Österreich ergibt sich für Portfoliodividenden und Schachtelbeteiligungen keine Steuerpflicht. Es treten hier daher keine Rechtsänderungen ein.
Zinsen
- Outbound-Zinszahlungen an Unternehmen in UK würden der Steuerpflicht unterliegen. Da für ausländische Empfänger von Konzernzinsen idR ohnedies keine beschränkte Steuerpflicht besteht, sind die Änderungen marginal.
- Bei Inbound-Zinszahlungen reduziert sich die UK-Quellensteuer auf Zinsen (grds 20%) auf 0%. Beim österreichischen Empfänger besteht Steuerpflicht.
Lizenzen
- Outbound: Österreich darf auf Konzern-Lizenzen zwischen verbundenen Unternehmen (Beteiligung ab 50%) Quellensteuer iHv 10% einbehalten (lt derzeitiger DBA).
- Inbound: Bei Konzernlizenzen in UK (Beteiligung ab 50%) wird eine Quellensteuer iHv 10% einbehalten (lt derzeitiger DBA). Diese UK-Quellensteuer ist bei der österreichischen Empfänger-Gesellschaft grundsätzlich anrechenbar.
Doppelbesteuerungsabkommen
Das kürzlich neu beschlossene DBA Ö-UK soll laut britischem Finanzministerium noch im ersten Quartal 2019 ratifiziert werden. Lesen Sie dazu bitte unseren bereits ergangenen Newsletter zu diesem Thema.
Verwertung ausländischer Verluste
Die UK-Gesellschaften werden als Drittstaatsgesellschaften gelten. Das Gruppenbesteuerungsregime verlangt beim Einbezug von ausländischen Tochtergesellschaften das Vorliegen einer „umfassenden Amtshilfe“ mit dem Ansässigkeitsstaat des Gruppenmitglieds. Eine solche liegt sowohl nach dem derzeitigen als auch dem zukünftigen DBA Ö-UK vor.
Ebenfalls kommt es bei der Berücksichtigung und Nachversteuerung von Verlusten ausländischer Betriebstätten zu keiner Änderung, da auch hier auf eine umfassende Amtshilfe abgestellt wird.
Umgründungsrecht und Wegzugsbesteuerung
Bei einer umgründungs- oder wegzugsbedingten Entstrickung ist im Verhältnis zu UK das Ratenzahlungskonzept im betrieblichen Bereich nicht mehr anwendbar. Es kommt zukünftig zur sofortigen Besteuerung. Auch ein etwaiger Anteilstausch (Einbringung von Kapitalanteilen in eine Kapitalgesellschaft eines anderen EU-Mitgliedstaates) ist nicht mehr steuerneutral möglich.
Nach einem Brexit sind stille Reserven sofort bei Wegzug aufzudecken und zu versteuern. Werden somit künftig Unternehmen oder Wirtschaftsgüter in eine Betriebsstätte nach Großbritannien verlagert, kann keine Ratenzahlung für die Besteuerung der darin enthaltenen stillen Reserven beantragt werden.
Bei Unternehmen, die bereits vor Eintritt des Brexits nach UK weggezogen sind und die anlässlich des Wegzugs die Nichtfestsetzung (vor 2016) bzw. eine Ratenzahlung der Steuer (ab 2016) beantragt haben, führt der spätere Brexit zu keiner sofortigen Besteuerung bzw. zu keiner sofortigen Fälligstellung offener Raten.
Empfehlung für Hard Brexit Szenario
In Konstellationen, wo nach einem Brexit mit einer höheren steuerlichen Belastung zu rechnen ist, sind Konzernstrukturen zu überdenken bzw Zahlungen (inbes Dividenden) oder Übertragungen allenfalls zeitlich vorzuziehen, solange UK noch EU-Mitglied ist. Dies gilt auch, wenn die Wegzugsteuer für Umgründungen iSd UmgrStG, die vor dem Eintritt des Brexit beschlossen oder vertraglich unterfertigt werden, nicht festgesetzt worden ist oder in Raten entrichtet werden kann.