Neues zur Quellensteuer bei Software-as-a-Service und Infrastructure-as-a-Service
In zahlreichen österreichischen Doppelbesteuerungsabkommen werden auch Vergütungen für „gewerbliche, kaufmännische oder wissenschaftliche Ausrüstung“ als quellensteuerpflichtige Lizenzgebühren behandelt. In Abkehr von der bisher vorgenommenen Qualifikation hält das BMF aber nunmehr fest, dass immaterielle Vermögensgegenstände (z.B. Software) nicht unter den Begriff der „Ausrüstung“ fallen können. Dies hat erhebliche Auswirkungen auf die Frage, ob bei Zahlungen für Software-as-a-Service (SaaS) oder Infrastructure-as-a-Service (IaaS) Lizenzgebühren vorliegen können und ob eine Zahlung der Quellensteuer unterworfen werden darf.
Sachverhalt
In der EAS 3436 hatte das BMF einen Sachverhalt zu beurteilen, bei dem ein in Österreich ansässiges Unternehmen gegenüber einem in China ansässigen verbundenen Unternehmen Software-as-a-Service bzw. Infrastructure-as-a-Service Leistungen erbringt. Fraglich war, ob die dafür geleisteten Zahlungen als Lizenzgebühren iSd Art 12 DBA AT-CHN einzustufen sind und damit die Belastung mit der Quellensteuer in China abkommenskonform war.
Auskunft des BMF
In Art 12 Abs 3 DBA AT-CHN ist vorgesehen, dass auch Zahlungen für „die Benutzung oder das Recht auf Benutzung gewerblicher, kaufmännischer oder wissenschaftlicher Ausrüstung“ als Lizenzgebühren einzustufen sind. In der neuen EAS geht das BMF aber nun von seiner bisherigen Sichtweise ab, dass unkörperliche Wirtschaftsgüter unter den Begriff der „Ausrüstungen“ fallen können. Begründet wird dies damit, dass der UN-MK seit der Überarbeitung 2017 vorsieht, dass Immaterialgüter nicht vom Begriff „Ausrüstung“ erfasst sein sollen und zusätzlich auch die „Verfügungsmacht“ über den Ausrüstungsgegenstand notwendig wäre.
Dementsprechend soll bei der „klassischen Softwareüberlassung“ über externe Datenträger und bei Software-as-a-Service Leistungen keine Benutzung einer „Ausrüstung“ vorliegen und das Entgelt nun nicht mehr vom Lizenzgebührenbegriff umfasst sein.
Hinsichtlich Infrastructure-as-a-Service Leistungen differenziert das BMF:
- Die überlassene Infrastruktur soll idR den Begriff der „Ausrüstung“ erfüllen.
- Zusätzlich muss aber eine Verfügungsmacht über den Ausrüstungsgegenstand (z.B. den Server) eingeräumt werden, was in vielen Fällen nicht gegeben sein sollte.
Nur wenn beide Kriterien erfüllt sind, soll Art. 12 zur Anwendung kommen und hinsichtlich des geleisteten Entgelts ein Quellenbesteuerungsrecht bestehen.
Praxishinweise
Das BMF scheint dieselbe Sichtweise nicht nur für DBAs, für deren Auslegung der UN-MK einschlägig ist, sondern auch für auf dem OECD-MA aufbauende DBAs zu vertreten. Damit sollte die EAS generell auf DBAs anwendbar sein, die in der Lizenzgebührendefinition noch die Wortfolge „die Benutzung oder das Recht auf Benutzung gewerblicher, kaufmännischer oder wissenschaftlicher Ausrüstungen“ beinhalten.
In Hinblick auf die Beurteilung von Einzelfällen kann die neue Auskunft als Anhaltspunkt für eine vorläufige high-level Analyse herangezogen werden. Es bedarf dennoch einer detaillierten Analyse der den geleisteten Zahlungen zugrunde liegenden Verträge, um beurteilen zu können, ob der Lizenzgebührenbegriff tatsächlich (nicht) erfüllt ist. Dies auch deshalb, weil es von dem Begriff der „Ausrüstung“ unabhängige Anknüpfungspunkte für den Lizenzgebührenbegriff gibt. So könnte auch bei Software-as-a-Service Leistungen eine Vergütung für die „Benutzung oder das Recht auf Benutzung von Urheberrechten“ vorliegen, die (im Partnerstaat) der Quellensteuer unterworfen werden darf.
Durch die geänderte Ansicht des BMF kann es zu einer Doppelbesteuerung kommen. Folgt der DBA Partnerstaat (Quellenstaat) nämlich einer anderen Auslegung und erhebt eine entsprechende Quellensteuer, soll es nach Ansicht des BMF nicht automatisch in Österreich zu einer Anrechnung kommen. Stattdessen ist im Einzelfall zu prüfen, ob ein Verständigungsverfahren erforderlich ist.