Abgabenänderungsgesetz 2022 – Regierungsvorlage veröffentlicht
Mitte Juni wurde die Regierungsvorlage zum Abgabenänderungsgesetz 2022 (AbgÄG 2022) veröffentlicht. Eine Beschlussfassung noch vor der Sommerpause ist zu erwarten. Im AbgÄG 2022 finden sich zahlreiche kleinere Anpassungen und Änderungen im Bereich der Einkommensbesteuerung, der Umsatzsteuer und des Verfahrensrechts. Steuerrechtliche Anpassungen im Zusammenhang mit dem angekündigten Teuerungspaket, wie insbesondere die Abschaffung der kalten Progression, sind nicht enthalten. Die wesentlichen Punkte des AbgÄG 2022 sind unter anderem:
Einkommensteuer
Verbesserungen bei der Forschungsprämie
- Ansatz eines Unternehmerlohnes
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- Unternehmer, bei denen keine Löhne und Gehälter iSd ForschungsprämienVO anfallen (bspw Einzelunternehmer oder Mitunternehmer sowie unentgeltlich tätige Gesellschafter-Geschäftsführer), sollen künftig einen Unternehmerlohn ansetzen können.
- Wird die Tätigkeit im FuE-Bereich nachgewiesen (unter anderem per Zeitaufzeichnungen), kann ein Betrag iHv EUR 45,- für jede geleistete Tätigkeitsstunde angesetzt werden, maximal jedoch EUR 77.400,- pro Person pro Wirtschaftsjahr.
- Die Neuregelung ist insbesondere für Start-ups und kleinere Unternehmen interessant und soll auf Forschungsprämien anwendbar werden, die das Kalenderjahr 2022 betreffen und ab dem 30. Juni 2022 beantragt werden.
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- Verfahrensvereinfachungen
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- Die Antragsfrist für die Forschungsprämie soll von der Rechtskraft des Einkommensteuer-, Körperschaftsteuer- oder Feststellungsbescheides entkoppelt werden und künftig vier Jahre nach dem Beginn der Antragsfrist enden. Anwendung soll die Neuregelung auf Forschungsprämien finden, die das Kalenderjahr 2022 betreffen und die ab dem 30. Juni 2022 beantragt werden.
- Zusätzlich soll (auf Antrag) bei Forschungsprämienanträgen, die mehrere Projekte beinhalten, eine bescheidmäßige Teilentscheidung möglich werden. Damit wird ermöglicht, dass bescheidmäßig über unstrittige Projekte entschieden wird und das Verfahren nur für strittige Projekte fortgeführt wird. Die Möglichkeit von Teilbescheiden soll bereits mit Inkrafttreten des AbgÄG 2022 und damit auch auf laufende Verfahren anwendbar sein.
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Sonstige Änderungen
- Öffi-Ticket als Betriebsausgabe: Gemischt genutzte Öffi-Tickets (Wochen-, Monats-, und Jahreskarten) können ab der Veranlagung 2022 pauschal zu 50% ohne weiteren Nachweis abgesetzt werden. Die Regelung gilt auch für 1. Klasse Tickets.
- Kleinere Photovoltaikanlagen: Für bestimmte kleine (private) Photovoltaikanlagen soll die Einspeisung bis höchstens 12.500kwH steuerfrei gestellt werden und bei Überschreitung eine anteilige Befreiung zur Anwendung kommen.
- Jahressechstel und Kurzarbeit: Auch für das Kalenderjahr 2022 wird bei der Berechnung des Jahressechstel für Zeiten der Kurzarbeit (unabhängig davon, wie lange die Arbeitnehmer in Kurzarbeit war) ein pauschaler Zuschlag von 15% angesetzt.
- Nicht verbriefte Derivate: In Umsetzung einer VwGH Entscheidung sollen künftig neben inländischen auszahlenden Stellen auch vergleichbare ausländische auszahlende Stellen (aus Ländern mit umfassender Amtshilfe) eine der KESt vergleichbare Steuer (27,5%) für Einkünfte aus unverbrieften Derivaten einbehalten können. Hierfür müssen die ausländischen auszahlenden Stellen (insbesondere ausländische Kreditinstitute) einen inländischen steuerlichen Vertreter bestellt haben.
Körperschaftsteuer
Rückerstattung der Kapitalertragsteuer für Portfoliodividenden
In Umsetzung der VwGH Rechtsprechung soll die antragsgemäße Rückerstattungsmöglichkeit der KESt auf Portfoliodividenden auf Körperschaften aus Drittstaaten erweitert werden.
Voraussetzung soll jedoch sein, dass mit dem Ansässigkeitsstaat der ausländischen Körperschaft eine umfassende Amtshilfe besteht.
Umsatzsteuer
Verschiebung des Vorsteuerabzuges bei erhaltener Leistung eines Ist-Besteuerers
Die noch im Ministerialentwurf enthaltene Verschiebung des Vorsteuerabzuges (sowie das zusätzliche Rechnungsmerkmal), wenn die Leistung durch einen Ist-Besteuerer erbracht wurde, wurde wieder gestrichen.
Ausdehnung von Dreiecksgeschäften
Dreiecksgeschäfte sollen ab 1. Jänner 2023 auch innerhalb von Reihengeschäften mit mehr als drei Personen Anwendung finden können.
Verlängerung des Null-Satzes für Schutzmasken
Der 0-prozentige Umsatzsteuersatz auf Lieferungen und innergemeinschaftliche Erwerbe von Schutzmasken soll bis 30. Juni 2023 verlängert werden.
Internationale Bahnverbindungen
Ab dem 1. Jänner 2023 soll die grenzüberschreitende Personenbeförderung mit Eisenbahnen für den österreichischen Streckenteil (echt) umsatzsteuerbefreit sein.
Vermietung von Grundstücken durch ausländische Vermieter
In Reaktion auf die EuGH Entscheidung Titanium soll es nicht zum Übergang der Steuerschuld (reverse charge) und nicht zur Haftung von Leistungsempfängern kommen, wenn inländische Grundstücke durch ausländische Unternehmer vermietet werden. Stattdessen müssen diese die Umsatzsteuer im Veranlagungswege erklären.
Umsatzsteuerverzinsung (§ 205c BAO)
In Umsetzung der EuGH und VwGH Rechtsprechung soll eine Verzinsung von Umsatzsteuer Gutschriften und Nachforderungen eingeführt werden.
Wie bei den Anspruchszinsen liegt der Satz 2% über dem Basiszinssatz und es erfolgt keine Festsetzung von Zinsen unter EUR 50,-.
Für die Berechnung der Zinsen soll zwischen Gutschriften (Abs 1 Z 1), Nachforderungen (Abs 1 Z 2) und Unterschiedsbeträgen, die sich aus nachträglichen Bescheidänderungen (Abs 2) ergeben, unterschieden werden.
Inkrafttreten:
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- Die USt-Verzinsung im Falle von Gutschriften aufgrund einer UVA oder eines Festsetzungsbescheides soll auf alle offenen Verfahren anzuwenden sein.
- Im Falle von Gutschriften aufgrund eines USt-Jahresbescheides kommt es zur Anwendung auf alle noch nicht in Rechtskraft erwachsenen Bescheide.
- Bei Nachforderungen soll die Neuregelung erstmals auf Fälle anzuwenden sein, in welchen der Fälligkeitstag nach dem Inkrafttreten des Gesetzes liegt, bei Nachforderungen aufgrund von USt-Jahresbescheiden erst auf Bescheide, die das Jahr 2022 betreffen.
Für die Vorsteuerrückerstattung an ausländische Unternehmer ist keine Verzinsung vorgesehen.
Gebühren
Bestandvertragsgebühr (§ 33 TP 5)
Bisher war es bei der Bestandvertragsgebühr nur dem Bestandgeber möglich (wenn dieser laufend der Gebühr unterliegende Rechtsgeschäfte abschloss), die Gebührenschuld selbst zu berechnen.
Mit dem AbgÄG sollen nun auch Bestandnehmer, die laufend der Gebühr unterliegende Rechtsgeschäfte abschließen, die Gebührenschuld selbst berechnen können. Dies betrifft insbesondere Infrastrukturbetreiber oder bspw Anbieter von Außenwerbungen.
Digitale Plattformen-Meldegesetz (DPMG)
Mit dem DPMG soll die DAC7-Richtlinie umgesetzt werden. Siehe ausführlich bereits unseren folgenden Newsletter vom 8. Juni 2022.
Antragsmöglichkeit auf eine multilaterale Risikobewertung
Sowohl auf EU-Ebene als auch auf OECD-Ebene gibt es derzeit Initiativen, die es Steuerpflichtigen ermöglichen sollen, auf Antrag eine gemeinsame Risikobeurteilung von Sachverhalten durch Steuerverwaltungen mehrerer Länder erhalten zu können. Die von den Steuerverwaltungen erteilte (einheitliche) Auskunft entfaltet keine Rechtssicherheit, soll aber ein gewisses (gemeinsames) Sounding der Einschätzung der Steuerverwaltungen darstellen.
Österreich nimmt dabei sowohl am OECD International Compliance Assurance Programme (ICAP) als auch an einer Pilotphase des European Trust and Cooperation Approach (ETACA) teil. Mit dem AbgÄG 2022 sollen in § 118b BAO die relevanten nationalen Gesetzesbestimmungen integriert werden.
Videokonferenzen mit der Betriebsprüfung
Bereits im Zuge der COVID19-Pandemie wurde eine befristete Möglichkeit zur Kommunikation im Abgabenverfahren mit der Behörde per Videotelefonie (Einsatz von technischen Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung) geschaffen. Ab 1. Juli 2022 wird diese Regelung unbefristet übernommen und wird dazu um Nachschauen und Außenprüfungen erweitert. Es besteht jedoch kein Rechtsanspruch und die Entscheidung, ob eine Videokonferenz abgehalten wird, liegt im Ermessen der Behörde.