COVID-19: Liquiditätsseitige Maßnahmen des BMF, der Sozialversicherungen sowie weiterer Behörden
Das Bundesministerium für Finanzen (BMF) hat Erleichterungen zu Steuerzahlungen und damit zur Verbesserung der Liquiditätslage aufgrund der Corona-Epidemie veröffentlicht. Erforderlich ist die Glaubhaftmachung, dass es aufgrund der getroffenen behördlichen Maßnahmen (häusliche Quarantäne sowie die Schließung von Bildungseinrichtungen, Absage von Veranstaltungen und generell die Einschränkung des täglichen Lebens) zu Liquiditätsengpässen kommt. Auch die Sozialversicherung der Selbständigen (SVS) und die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) sowie Bundesländer, Gemeinden und Standesvertretungen sehen Erleichterungen vor.
Dieser Beitrag wurde zuletzt am 25. März 2020 aktualisiert und stellt unseren letztgültigen Kenntnisstand dar.
Maßnahmen des Bundesministeriums für Finanzen (BMF)
Herabsetzung/Nichtfestsetzung von Vorauszahlungen an ESt und KöSt
Bereits festgesetzte Vorauszahlungen an Einkommensteuer und Körperschaftsteuer können (ggf bis zu EUR 0,00) herabgesetzt werden. Voraussetzung ist, dass eine voraussichtliche Minderung der Bemessungsgrundlage auf Grund der konkreten Betroffenheit glaubhaft gemacht werden kann.
Ist der Steuerpflichtige liquiditätsmäßig derart stark betroffen, dass er die Vorauszahlung auch in Höhe des herabgesetzten Betrages nicht entrichten kann, so sind die Vorauszahlungen auf Antrag (teilweise oder zur Gänze) nicht festzusetzen.
Entsteht aufgrund einer solchen Nichtfestsetzung oder Herabsetzung der Vorauszahlungen in der nachgelagerten Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuerveranlagung 2020 eine Nachforderung, so hat das Finanzamt von Amts wegen von der Festsetzung von Anspruchszinsen Abstand zu nehmen.
Zahlungserleichterungen (Stundung oder Ratenzahlung)
Liegt eine konkrete Betroffenheit vor, so sind fällige Abgabenschulden auf Antrag zu stunden oder Ratenzahlung zu bewilligen. Eine Stundung bzw. Ratenzahlung ist (aufgrund COVID-19) bis längstens 30. September 2020 zu gewähren. Bei Vorliegen zusätzlicher Gründe kann auch eine darüber hinausgehende Zahlungserleichterung beantragt werden. Auf Antrag sind Stundungszinsen bis 30. September 2020 nicht festzusetzen.
Säumniszuschläge
Säumniszuschläge können auf Antrag herabgesetzt bzw nichtfestgesetzt werden. Wird eine Betroffenheit vom Steuerpflichtigen glaubhaft gemacht, so hat die Behörde davon auszugehen, dass kein grobes Verschulden an der Säumnis vorliegt. Entsprechenden Anträgen wäre daher stattzugeben.
Bearbeitung durch Finanzamt
Die oben genannten Anträge (Herabsetzung, Nichtfestsetzung, Zahlungserleichterung) sind von den zuständigen Finanzämtern sofort zu bearbeiten.
Für alle oben genannten Erleichterungen steht ein „Kombinierter Antrag zu Sonderregelungen betreffend Coronavirus“ (Formular SR1-CoV) zur Verfügung. Der Antrag ist laut Information des BMF entweder über FinanzOnline oder per E-Mail an corona@bmf.gv.at einzureichen. Von einer Einreichung per E-Mail wird aus verfahrensrechtlicher Sicht jedoch abgeraten, da E-Mail für Anbringen zur Geltendmachung von Rechten laut BAO keine wirksame Form der Einreichung darstellt. Steuerlich vertretene Steuerpflichtige sollten die Anträge über die jeweils dafür vorgesehenen strukturierten Anträge in FinanzOnline einreichen, um eine rasche und effiziente Bearbeitung durch das Finanzamt zu ermöglichen.
Hier finden Sie den Link zur BMF-Info vom 24. März 2020.
Gebührenbefreiung
Schriften und Amtshandlungen, die mittelbar oder unmittelbar aufgrund der erforderlichen Maßnahmen im Zusammenhang mit der Bewältigung der COVID-19 Krisensituation erfolgen, werden von Gebühren befreit. Es soll damit sichergestellt werden, dass beispielsweise für Anträge betreffend Unterstützungszahlungen nach dem Epidemiegesetz keine Gebühren oder Bundesverwaltungsabgaben zu entrichten sind. Die Befreiungsbestimmung soll für den Zeitraum 1. März 2020 bis 31. Dezember 2020 gelten und soll sowohl zukünftige als auch im Zeitpunkt des Inkrafttretens bereits laufende Verfahren erfassen.
Maßnahmen der Sozialversicherung der Selbständigen (SVS)
Die Sozialversicherung der Selbständigen (SVS) sieht folgende Erleichterungen für ihre Versicherten vor:
- Stundung der Beiträge
- Ratenzahlung der Beiträge
- Herabsetzung der vorläufigen Beitragsgrundlage
- Gänzliche oder teilweise Nachsicht von Verzugszinsen
Für Anträge zur Herabsetzung der vorläufigen Beitragsgrundlage kann das Online Formular unter svs.at/formulare zur Anpassung (Herabsetzung, Hinaufsetzung) der vorläufigen Beitragsgrundlage verwendet werden.
Für die die übrigen Anträge kann das Online Formular für allgemeine Anfragen unter svs.at/formulare verwendet werden.
Maßnahmen der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK)
Die Österreichische Gesundheitskasse sieht folgende Erleichterungen für Dienstgeber bei Meldeverspätungen und Zahlungsschwierigkeiten aufgrund von Engpässen, die durch die Corona Maßnahmen bedingt sind, vor:
- Nachsicht bei Säumniszuschlägen im Fall von Corona-bedingten Meldeverspätungen
- Stundung mit einer Stundungsdauer von maximal drei Monaten bei Corona-bedingten Liquiditätsengpässen
- Ratenbewilligung mit einer Ratendauer von maximal 18 Monaten bei Corona-bedingten Liquiditätsengpässen
- Aussetzen von Exekutionsanträgen und Insolvenzanträgen, auch ohne besondere Sicherstellungen bei Corona-bedingten Liquiditätsengpässen
Für die Antragstellung ist im Augenblick der zuständige Single Point of Contact (SPOC) bei der ÖGK telefonisch oder per E-Mail zu kontaktieren. Single Point of Contact ist typischerweise die Landesstelle am Sitz des Unternehmens, die ÖGK hat dazu im Zuge der Organisationsänderung zum Jahreswechsel durch ein Schreiben informiert. Nach Auskunft der ÖGK werden die Call-Center entsprechend besetzt sein.
Update vom 23. März 2020:
Das am 21. März 2020 kundgemachte 2. COVID-19-Gesetz (BGBl I 2020/16) liefert nun zahlreiche klarstellende Regelungen, unter anderem zu den Maßnahmen im Beitragsrecht:
Ob die verzugszinsenfreie Stundung von Sozialversicherungsbeiträgen und Beiträgen nach dem Betrieblichen Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz automatisch oder auf Antrag erfolgt, ist abhängig davon, ob Unternehmen mit einem Betretungsverbot belegt wurden oder von Betriebsbeschränkungen bzw Schließungen nach dem Epidemiegesetz betroffen sind. Zu den hiervon erfassten Betrieben zählen laut der Verordnung betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 (BGBl II 2020/96) Handels- und Dienstleistungsunternehmen sowie Freizeit- und Sportbetriebe (mit einigen Ausnahmen wie beispielsweise Apotheken, Lebensmittelhändler und Drogerien). Sind Unternehmen von diesen einschränkenden Maßnahmen betroffen, so sind die Beiträge für die Beitragszeiträume Februar, März und April 2020 ohne weiteres Zutun zu stunden. Für alle anderen Unternehmungen können die Sozialversicherungsbeiträge für diese Beitragsmonate auf Antrag gestundet werden, wenn glaubhaft gemacht wird, dass die Beiträge wegen der Coronavirus-Pandemie aus Gründen der Unternehmensliquidität nicht entrichtet werden können. Für die Antragstellung ist die regionale Servicestelle der ÖGK zuständig; besondere Formvorschriften sind nicht einzuhalten (telefonisch oder per E-Mail).
Unverändert bleibt, dass in den Kalendermonaten März, April und Mai 2020 bereits fällige Beiträge nicht eingetrieben und keine Anträge auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens wegen der Nichtentrichtung bereits fälliger Beiträge gestellt werden. Weiters werden bis Mai 2020 keine Säumniszuschläge vorgeschrieben.
Die Maßnahmen können bei Fortdauer der Coronavirus-Pandemie durch Verordnung um bis zu drei Kalendermonate bzw Beitragszeiträume verlängert werden.
Die erleichternden Maßnahmen gelten auch für die Einhebung des Schlechtwetterbeitrages, der Arbeiterkammerumlage, des Arbeitslosenversicherungsbeitrages, des IESG-Zuschlages und des Beitrages zum Sozial- und Weiterbildungsfonds.
Weitere Zahlungserleichterungen
- Diverse Bundesländer sowie Gemeinden haben Zahlungserleichterungen angekündigt wie beispielsweise betreffend Kommunalsteuer, Grundsteuer, Kanalabgaben oder Tourismusbeitrag. Wir empfehlen, entsprechende Zahlungserleichterungen einzelfallbezogen zu evaluieren.
- Mehrere Kammern (u.a. Wirtschaftskammer, Ärztekammer) haben ebenfalls die Gewährung von Zahlungserleichterungen an ihre Mitglieder angekündigt. Die WKO setzt beispielsweise die Einhebung der Grundumlage 2020 aus. Weiters kann für die Kammerumlage („KU“) sowie den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag („DZ“) Stundung oder Ratenzahlung beantragt werden, einschließlich einem Antrag auf Nichtfestsetzung von Stundungszinsen.