EuGH-Urteil zum Vorsteuerabzug bei geschäftsleitender Holding und zu Zweifelsfragen bei Organschaften

Der EuGH hat in der mit Spannung erwarteten Entscheidung C-108/14, C-109/14, „Larentia + Minerva“ zur Frage des Vorsteuerabzugs bei einer geschäftsleitenden Holding sowie zu den Eingliederungsvoraussetzungen bei einer umsatzsteuerlichen Organschaft Stellung genommen.

Der deutsche Bundesfinanzhof (BFH) hat dem EuGH Fragen zu diesen bereits seit längerer Zeit intensiv diskutierten Themen zur Vorabentscheidung vorgelegt. Die Entscheidung des EuGH ist positiv zu bewerten.

Vorsteuerabzug bei geschäftsleitender Holding

Mit folgenden Kernaussagen hat der EuGH nun klargestellt:

  • Eine geschäftsleitende Holding, die an alle ihre Tochtergesellschaften entgeltliche und umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbringt, kann für Kapitaltransaktionskosten (etwa Kosten im Zusammenhang mit einer Kapitalerhöhung) den vollen Vorsteuerabzug geltend machen.
  • Sofern die geschäftsleitende Holding nicht an alle ihre Tochtergesellschaften entgeltliche, umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbringt, steht ihr aus derartigen Kosten der anteilige Vorsteuerabzug zu. Zur Methode, wie der Anteil der abzugsfähigen Vorsteuer ermittelt werden kann, bringt das Urteil nichts Neues (vgl. hierzu EuGH C-437/06, „Securenta“).

Eingliederungsvoraussetzungen bei der umsatzsteuerlichen Organschaft

Der EuGH hat erfreulicherweise festgehalten, dass die Einschränkung der Organschaft auf juristische Personen als Organmitglieder, wie sie derzeit im österreichischen Umsatzsteuergesetz vorgesehen ist, grundsätzlich nicht mit der Mehrwertsteuersystemrichtlinie vereinbar ist. Dies bedeutet vor allem, dass auch Personengesellschaften der Weg in die Organschaft offensteht. Zudem ist ein Über-Unterordnungsverhältnis für das Bestehen einer Organschaft grundsätzlich keine zwingende Voraussetzung. Eine enge Verbindung durch gegenseitige finanzielle, organisatorische und wirtschaftliche Beziehungen ist grundsätzlich ausreichend.

Einen Vorbehalt macht der EuGH dann doch. Beide Einschränkungen können gerechtfertigt sein, wenn sie Maßnahmen darstellen, die zur Missbrauchsbekämpfung notwendig sind. Der Generalanwalt hat in seinem Schlussantrag allerdings unseres Erachtens zu Recht dahingehend Stellung bezogen, dass die Einschränkungen nur schwer zu rechtfertigen sein werden, da nicht ersichtlich ist, inwiefern eine Unterscheidung in Abhängigkeit der Rechtsform oder ein Über-Unterordnungsverhältnis zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung erforderlich und geeignet sein sollte.

Wir gehen davon aus, dass die restriktive Rechtslage hinsichtlich Organschaften nicht beibehalten werden kann und auch nicht in der derzeitigen allgemeinen Form durch Missbrauchsgefahr bergründet werden kann.

Wir gehen daher davon aus, dass es zu Erleichterungen in den Umsatzsteuer-Richtlinien des BMF bzw. sogar im UStG selbst kommen wird.

Für den Fall, dass geschäftsleitende Holdings keinen vollen Vorsteuerabzug aus Kapitaltransaktionskosten gelten gemacht haben, empfehlen wir für offene Jahre, die Vorsteuern unter Offenlegung des Sachverhalts geltend zu machen, betroffene Jahre z.B. durch Erhebung eines Rechtsmittels offen zu halten oder (z.B. mittels eines Antrags nach § 299 BAO) wieder zu öffnen.

Hinsichtlich der Organschaft scheidet eine unmittelbare Anwendung der Mehrwertsteuersystemrichtlinie nach dem Urteil des EuGH mangels ausreichender Bestimmtheit zwar aus. Allerdings kann unseres Erachtens mit guten Aussichten eine richtlinienkonforme Auslegung eingefordert werden. Damit könnte auch die Einbeziehung zumindest von kapitalistisch orientierten Personengesellschaften als Organmitglieder bzw. eine weniger restriktive Anwendung der Eingliederungsmerkmale erreicht werden.

Sollten Sie in einem derart gelagerten Fall Unterstützung benötigen, stehen wir Ihnen gerne zur Seite.