VwGH: Zahlungen für Verzicht auf ein Fruchtgenussrecht gelten nicht als Einkünfte aus Vermietung & Verpachtung
Mit einer Entscheidung vom 31. März 2017 (Ra 2016/13/0029) setzte sich der VwGH mit der Frage auseinander, ob Zahlungen für die Ablöse eines Fruchtgenussrechtes an einer Wohnung als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 28 Abs 1 Z 3 EStG) zu subsumieren sind.
Sachverhalt
- 2000: Dem Berufungswerber werden Fruchtgenussrechte an zwei Wohnungen für den Fall des Ablebens der Eigentümerin (Mutter) eingeräumt
- 2010: Die Mutter verstirbt. Die Wohnungen werden zur Gänze an die Schwester des Berufungswerbers übertragen, welche diese je zur Hälfte an ihre Töchter schenkt
- 2012: Der Berufungswerber schließt mit dem Schwiegersohn der Schwester einen Vertrag über den Verzicht des Fruchtgenussrechtes an einer Wohnung gegen eine Zahlung von EUR 77.000.
Entscheidung des VwGH
Die Ablöse eines Fruchtgenussrechtes kann dem VwGH zufolge grundsätzlich als entgeltliche Gebrauchsüberlassung von § 28 Abs 1 Z 3 EStG erfasst sein. Der Tatbestand ist aber nur dann erfüllt, wenn es sich tatsächlich um eine zeitlich beschränkte Gebrauchsüberlassung handelt. Bei der in diesem Fall zugrundeliegenden Abtretung des Fruchtgenussrechtes und damit der Aufgabe der Einkunftsquelle des Fruchtgenussberechtigten, lag aber eine „Veräußerung“ eines Rechtes vor, die nicht von § 28 EStG erfasst ist.
In dem Erkenntnis grenzt der Gerichtshof diesen Fall eindeutig von seiner Entscheidung aus 2010 (2009/15/0046) ab. Dieser Entscheidung lag zwar ein ähnlicher Sachverhalt zugrunde, letztendlich wurde das Fruchtgenussrecht dabei allerdings nur „abgetreten“, worin dem VwGH zufolge eine – einer Untervermietung durch den Hauptmieter ähnlichen – zeitlich befristete Überlassung vorliegt, die von § 28 Abs 1 Z 3 EStG erfasst war.
Im Ergebnis zieht der VwGH somit eine Grenze zwischen von zur Nutzung „überlassenen“ (von § 28 EStG erfasst) und von tatsächlich auf einen Dritten übertragenen bzw darauf endgültig verzichteten Fruchtgenussrechten (nicht von § 28 EStG erfasst).
ESt-Pflicht bei „Veräußerung“ eines Fruchtgenussrechtes
Auch wenn dem VwGH zufolge beim Verzicht auf ein Fruchtgenussrecht keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung vorliegen, bedeutet das jedoch nicht, dass keine ESt-Pflicht ausgelöst wird. Ein als „Veräußerung“ eines Fruchtgenussrechtes geltender Sachverhalt kann nämlich entweder innerhalb der Spekulationsfrist (§ 31 EStG) oder als Grundstücksveräußerung (Immobilienertragsteuer gemäß § 30 ff EStG) von der Einkommensteuer erfasst sein.
Im Rahmen der Immobilienertragsteuer ist das allerdings zunächst nur dann der Fall, wenn die Übertragung eines Grundstückes und der Verzicht auf das Fruchtgenussrecht als wirtschaftlich einheitlicher entgeltlicher Übertragungsvorgang gelten. Als entgeltlich würde ein derartiger Fall dann gelten, wenn die Ablöse inklusive des allfälligen Entgeltes für die Grundstücksübertragung mindestens 50% des gemeinen Wertes des nicht um den Fruchtgenuss verminderten Wertes des Grundstückes zum Zeitpunkt der Ablöse beträgt.
Die endgültige Beurteilung der Steuerpflicht hängt damit letztendlich von der Ausgestaltung im Einzelfall ab.