Die Steuerreform 2015/2016

Seit Freitag, dem 13. März 2015, ist sie in aller Munde, obwohl viele Details und Maßnahmen noch unklar sind. Weitere Details zur Steuerreform werden womöglich morgen, 17. März 2015, nach der Ministerratssitzung folgen. Im Kern geht die Steuerreform 2015/2016 auf eine Tarifreform zurück, die zu einer allgemeinen Senkung des Steuertarifs und gleichzeitiger Neueinführung eines Höchststeuersatzes von 55 % führt.

Die neue Steuerreform soll im Allgemeinen am 1. Jänner 2016 in Kraft treten. Einzelne Maßnahmen, konkrete Umsetzungen und Details zu den geplanten Änderungen werden sich in den kommenden Monaten noch herauskristallisieren.

Die politische Willensbildung sieht derzeit folgende Eckpunkte vor:

Die Tarifreform

Der Eingangssteuersatz sinkt auf 25 %. Dafür wird ein neuer Spitzensteuersatz mit 55 % eingeführt. Künftig soll es also 6 statt 3 Tarifstufen geben. Daraus ergibt sich folgende Abgrenzung zum bisherigen Tarif:

Bruttoeinkommen aktuell ab 2016
11.000 € bis 18.000 € 36,5% 25%
18.000 € bis 31.000 € 36,5% 35%
31.000 € bis 60.000 € 43,2% 42%
60.000 € bis 90.000 € 50% 48%
90.000 € bis 1 Million € 50% 50%
Über 1 Million € 50% 55%
  • Der neue Spitzensteuersatz soll (vorerst) auf 5 Jahre befristet gelten.
  • Für Niedrigverdiener (unter 1.100 €) wird die Steuergutschrift (Negativsteuer) mehr als verdreifacht, statt 110 € auf 375 €. Abgewickelt soll die Steuergutschrift über die Sozialversicherungsbeiträge werden.
  • Auch für Pensionisten gibt es eine Steuergutschrift bis zu rund 100 € jährlich. Das gilt für alle Pensionisten, die weniger als 1.100 € pro Monat verdienen.
  • Erhöhung der Kinderabsetzbeträge auf 440 €.

Maßnahmen zur Gegenfinanzierung

Die Kapitalertragsteuer (KESt) auf Dividenden wird von 25 % auf 27,5 % steigen. Nicht angetastet werden soll aber die KESt auf Sparbuch-Zinsen. Die KESt auf diese Zinserträge soll weiterhin 25 % betragen. Zwar stehen derzeit Dividenden im Fokus der medialen Berichterstattung, jedoch ist davon auszugehen, dass die Erhöhung der KESt auch alle anderen Kapitaleinkünfte (beispielsweise Dividenden und gleichartige Bezüge aus der Überlassung von Kapital, Kursgewinne, Veräußerungsgewinne, Gewinne aus Derivaten und Zuwendungen von Privatstiftungen) erfasst. Durch die Erhöhung der KESt erhöht sich die Gesamtsteuerbelastung von ausgeschütteten Gewinnen aus einer Kapitalgesellschaft (nach Abzug der 25%igen Körperschaftsteuer) damit von derzeit 43,75 % auf 45,625 %.

Die KESt darf maximal die Hälfte des Spitzensteuersatzes ausmachen. Nachdem dieser nun von 50 % auf 55 % steigt, kann sich auch die KESt von 25 % auf 27,5 % erhöhen. Da der Spitzensteuersatz vorerst auf 5 Jahre befristet sein soll, gilt diese Befristung wohl auch für die Erhöhung der KESt auf 27,5 %.

Weitere Hürde: laut Endbesteuerungsgesetz ist nur ein einheitlicher KESt-Steuersatz möglich. Will man unterschiedliche Steuersätze, müsste auch das Endbesteuerungsgesetz geändert werden. Da es sich aber um ein Verfassungsgesetz handelt, ist dafür eine Zweidrittelmehrheit im Parlament nötig. Ferner ist darauf zu achten, dass Verfassungsexperten die Unterscheidung zwischen Sparbucheinlagen und anderen Kapitalerträgen vor dem Hintergrund des Gleichheitssatzes als problematisch einstufen. Diese Bedenken vertiefen sich, wenn man die derzeit bestehenden Verlustausgleichsschranken für Kapitaleinkünfte analog zur Anwendung bringt.

Angehoben wird auch die Immobilien-Ertragsteuer (Immo-ESt). Derzeit sind Gewinne aus Immobiliengeschäften mit 25 % besteuert, künftig unterliegen sie einem 30%igem Steuersatz. Die Veräußerung von Hauptwohnsitzen soll von der Besteuerung weiterhin ausgenommen bleiben. Diskutiert wird auch eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlage der Immo-ESt, wahrscheinlich durch Streichung des Inflationsabschlags.

Steigen wird auch die Grunderwerbsteuer (GrESt). Künftig soll die Steuer auch bei der Weitergabe innerhalb der Familie nach dem Verkehrswert und nicht nach dem günstigeren Einheitswert der Immobilie berechnet werden. Es ist quasi die Erbschaftsteuer durch die Hintertür. Bisher müssen beim Übertrag von Immobilien und Grundstücken innerhalb der Familie 2 % vom dreifachen Einheitswert bezahlt werden, unabhängig davon, ob die Immobilien verkauft, verschenkt oder vererbt wurden. Künftig soll diese Steuer – so wie es bereits beim Übertrag außerhalb der Familie gemacht wird – vom Verkehrswert berechnet werden.

Der Tarif bei unentgeltlichen Übertragungen im Familienverbund soll künftig gestaffelt sein. Liegt der Wert der Immobilie unter 250.000 €, sollen 0,5 % gezahlt werden, bis 400.000 € sind es 2 % und über 400.000 € 3,5 % (dieser Prozentsatz fällt auch bei jedem Übertrag außerhalb der Familie an).

Für die betrieblichen Immobilien (Einzelunternehmen) gilt künftig ein Freibetrag in Höhe von 900.000 €. Nur für darüber liegende Vermögensteile werden 3,5 % Grunderwerbsteuer verrechnet.

Der Grund und Boden von Landwirten darf weiterhin auf Basis des Einheitswertes besteuert werden. Die Einheitswerte in der Landwirtschaft wurden erst per 1. Jänner 2015 neu festgestellt, und die Bescheide werden spätestens im Laufe des ersten Halbjahres 2015 zugestellt. Deshalb möchte man hier wohl nicht noch einmal ein neues System einführen. Die Besteuerung bleibt daher bei unentgeltlichen Übertragungen in der Familie weiterhin bei 2 % des einfachen Einheitswerts. Aufgrund besonderer Härten in der Tourismusbranche wurde eine Nachschärfung hierfür bereits angekündigt.

Weitere Maßnahmen

  • Die Forschungsprämie soll auf 12 % erhöht werden.
  • Des Weiteren werden die Finanzierungsmöglichkeiten der Wirtschaft durch neue Regelungen für Crowdfunding zur kostengünstigen Finanzierung von Projekten gestärkt.
  • Für die Gebäudeabschreibung soll nur mehr ein einheitlicher Abschreibungssatz zur Anwendung kommen, der unabhängig von der Nutzung gilt (bisher 2 % bis 3 % AfA-Satz).
  • Die Verlustverrechnung bei atypisch stillen Beteiligungen (kapitalistischen Personengesellschaften) soll auf die Höhe der Einlage begrenzt werden.
  • Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer sollen von der Erhöhung der steuerfreien Mitarbeiterbeteiligung an Unternehmen profitieren, die von 1.460 € auf 3.000 € jährlich angehoben wird.
  • Ab 2018 sollen die Lohnnebenkosten gesenkt werden.
  • Für Neuverträge soll es zur Streichung der sogenannten Topfsonderausgaben (Beiträge zur freiwilligen Kranken-, Unfall-, Pensions- und Lebensversicherung sowie Ausgaben zur Wohnraumschaffung und -Sanierung) kommen.
  • Der Sachbezug von Dienstautos mit einem CO2-Ausstoß von 120g/km soll künftig von 1,5 % auf 2 % der Anschaffungskosten (künftig 960 € statt 720 €) erhöht werden.
  • Erhöhung der Sozialversicherungs-Höchstbeitragsgrundlage auf 4.840 €.
  • Anhebung einiger ermäßigter Mehrwertsteuersätze von 10 % auf 13 %: etwa für Tiere, Saatgut und Pflanzen, kulturelle Dienstleistungen, Museen, Tiergärten, Filmvorführungen, Holz, Ab-Hof-Verkauf von Wein, Luftverkehr, Bäder, Jugendbetreuung und die Beherbergung (für letztere soll die Erhöhung der Umsatzsteuer erst ab 1. April 2016 greifen).
  • Betrugsbekämpfung: Die Einführung der Registrierkassenpflicht und eines zentralen Kontoregisters sowie die Öffnung des Bankgeheimnisses (insbesondere im Rahmen von Betriebsprüfungen) sind als Maßnahmen zu erkennen, den Steuerbetrug verstärkt zu bekämpfen.

 

Autoren: Martin Jann, Martina Gruber und Olivia Stiedl