EuGH: Die Stabilitätsabgabe verstößt nicht gegen europäische Grundfreiheiten
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied in seinem Urteil vom 22. November 2018 (Rs C-625/17), dass weder die österreichische Stabilitätsabgabe an sich noch ihr Abstellen auf unkonsolidierte Einzelabschlüsse der Kreditinstitute gegen die Dienstleistungsfreiheit verstößt.
Der Verfahrensweg bis zur Vorlagefrage
Eine österreichische Bank beschritt gegen die vom FA Feldkirch bescheidmäßig festgesetzte Stabilitätsabgabe den innerstaatlichen Instanzenweg bis zum VwGH. In ihrer Revision machte die Bank geltend, dass die ihr vorgeschriebenen Abgaben nicht zu entrichten seien, da diese zum einen gegen die europarechtlichen Vorschriften über staatliche Beihilfen, zum anderen gegen die Dienstleistungs- sowie Kapitalverkehrsfreiheit verstießen.
Begründend führte die Bank aus, dass „kleine“ Banken gegenüber großen, konzernal organisierten Unternehmensgruppen diskriminiert würden: Die Stabilitätsabgabe stelle auf das Kriterium der (unkonsolidierten) Einzelabschlüsse österreichischer Banken ab, wodurch die Bilanzsummen ausländischer Tochtergesellschaften von der Bemessungsgrundlage ausgeschlossen würden. Die Stabilitätsabgabe betreffe folglich die Bankgeschäfte hinsichtlich EU-Kunden nur insoweit, als die Bank mit ihnen direkt (oder über eine ausländische Zweigniederlassung) Geschäfte abschließt, nicht jedoch, wenn die EU-Geschäfte über eine lokale Tochtergesellschaft abgewickelt würden, da diese Geschäfte nicht in der Bilanzsumme des österreichischen Einzelabschlusses enthalten seien.
Die Behauptung der Bank, dass die Abgaben von ihr nicht zu entrichten seien, da durch deren Ausgestaltung eine verbotene Beihilfe zu Gunsten jener Banken erfolgt, die die ausländischen Geschäfte über eine ausländische Tochtergesellschaft abwickeln, wurde dem EuGH mangels Relevanz vom VwGH nicht vorgelegt.
Der VwGH legte dem EuGH jedoch die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob die Ausgestaltung der österreichischen Stabilitätsabgabe der Dienstleistungs- und/oder Kapitalverkehrsfreiheit widerspricht, da diese von der (unkonsolidierten) Bilanzsumme zu entrichten ist.
Entscheidung des EuGH
Der EuGH prüfte die in Frage stehenden Maßnahmen im Hinblick auf die Dienstleistungsfreiheit, der Aspekt der Kapitalverkehrsfreiheit trat im Ausgangsverfahren hinter den der Dienstleistungsfreiheit in den Hintergrund.
Zur Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit durch die Stabilitätsabgabe an sich entschied der EuGH: Als Bemessungsgrundlage für die Abgabe ist die Bilanzsumme heranzuziehen, diese umfasst sämtliche Bankgeschäfte. Demzufolge differenziert die Abgabe weder nach Herkunft der Bankkunden noch dem Ort der Leistungserbringung. Die alleinige Tatsache, dass die Abgabe geeignet ist, die Kosten der Bankgeschäfte (allgemein) zu erhöhen, kann kein Hindernis für den freien Dienstleistungsverkehr darstellen.
Hinsichtlich der behaupteten Diskriminierung gegenüber Banken mit Tochtergesellschaften, die ihren Sitz in einem anderen Mitgliedstaat haben, ist festzustellen, dass die Tätigkeiten solcher Banken unter den Geltungsbereich der Niederlassungsfreiheit zu subsumieren sind. Es stehe den Mitgliedstaaten frei, Tätigkeiten von Unternehmen, die unter die Niederlassungsfreiheit oder den freien Dienstleistungsverkehr fallen und in der Regel verschiedene rechtliche und wirtschaftliche Folgen nach sich ziehen, für steuerliche Zwecke unterschiedlich zu behandeln.
Aus alldem folgt, dass die Stabilitätsabgabe nicht geeignet ist, die Ausübung der Dienstleistungsfreiheit zu behindern oder weniger attraktiv zu machen.
Der EuGH urteilte, dass weder die österreichische Stabilitätsabgabe an sich noch das Abstellen auf unkonsolidierte Einzelabschlüsse gegen die Dienstleistungsfreiheit verstößt.